Quelle:
Betriebswirtschaftliche Blätter
11.05.2018 | Vermögensverwaltung
Autoren:
René Schubert
Die FI-Tochter Inasys hat mit der Frankfurter Bankgesellschaft eine neuartige Plattform zur Vermögensverwaltung aufgebaut. Genutzt werden kann sie künftig von allen interessierten Sparkassen. Ein Vorteil liegt darin, die lukrative Dienstleistung anbieten zu können, ohne zuvor selbst in eine neue Infrastruktur investieren zu müssen.
Eine Vermögensverwaltung wirtschaftlich zu betreiben, setzt bisher eine gewisse Anzahl an Mandaten voraus. Selbst mittelgroße Institute erreichten bis dato selten die kritische Größe, ab der sich der Aufbau einer eigenen, spezialisierten Vermögensverwaltungsabteilung lohnt. Die Folge: Lukrative Mandate wandern zum Wettbewerb ab oder können gar nicht erst gewonnen werden.
Damit Sparkassen mit eigenem Markenauftritt Vermögensverwaltungsdienstleistungen anbieten können, haben die Frankfurter Bankgesellschaft und die FI-Tochter Inasys eine technische Plattform entwickelt, die eine enge Zusammenarbeit zwischen einem Institut und dem Vermögensverwalter ermöglicht. Der Clou dieser Lösung ist, dass die Kundenbetreuung inklusive Depot- und Kontoführung bilanzwirksam bei der jeweiligen Sparkasse verbleibt, während sich die Profis der Frankfurter Bankgesellschaft im Hintergrund um die Verwaltung der Vermögen einschließlich der dafür notwendigen Reporting- und Controllingprozesse kümmern.
Auf diese Weise können die Institute ihren vermögenden Kunden professionelle Vermögensverwaltungsdienstleistungen anbieten, ohne zusätzliches eigenes Know-how in diesem Bereich aufzubauen.
Die Lösung ist ein White-Label-Produkt. Daher können Sparkassen für den Kundendialog und beim Reporting ihren individuellen Außenauftritt umsetzen. Die Frankfurter Bankgesellschaft tritt gegenüber dem Endkunden kaum in Erscheinung. Mehr noch: Die neue Plattform „Vermögenverwaltung für Sparkassen“ stärkt die Wahrnehmung der Sparkassen im Wertpapiergeschäft und bietet die Flexibilität, dass Institute individuelle Vermögensverwaltungskonzepte realisieren können. So entscheiden Häuser selbst, welche Kundensegmente in den Genuss dieser professionellen Services kommen. Bei einigen Sparkassen startet das bereits ab einem liquiden Vermögen von 250 000 Euro.
Enge Zusammenarbeit im Verbund
Damit Sparkassen vom neuen Angebot der Frankfurter Bankgesellschaft profitieren können, hat der Vermögensverwalter in Zusammenarbeit mit dem Anbieter von Portfoliomanagement-Systemen, Inasys, eine passende technische Lösung entwickelt. Ausgangspunkt war die steigende Nachfrage der Sparkassen, die im Zuge der Mifid-II- und MaRisk-Diskussionen nach neuen Lösungen für die Vermögensverwaltung gesucht haben.
Einige Häuser wollten diese auslagern, ohne den eigenen Außenauftritt aufzugeben. Andere Häuser wiederum haben im Niedrigzinsumfeld trotz höherer regulatorischer Anforderungen nach Möglichkeiten gesucht, sich dieses attraktive Marktsegment zu erschließen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, hat die Frankfurter Bankgesellschaft eine skalierbare und mandantenfähige Plattform benötigt, mit der sie ihre Dienstleistung den Sparkassen direkt zur Verfügung stellen kann.
In die Entwicklung dieser Lösung sind neben Inasys vor allem auch die Finanz Informatik (FI), die DWP-Bank und die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) einbezogen worden. Die FI ist zuständig für die Datenversorgung, über die DWP-Bank laufen die Wertpapiertransaktionen sowie -abrechnungen, und die Helaba wickelt das Handelsgeschäft für die Frankfurter Bankgesellschaft beziehungsweise die angeschlossenen Sparkassen ab. Eine wesentliche Herausforderung lag also darin, die Komplexität im Projekt zu beherrschen und in einem adäquaten Zeitrahmen eine Lösung einzuführen, die sich für die Vermögensverwalter durch das zu erwartende Mehrgeschäft auszahlt.
Vorstudie klärt Machbarkeit
Die generelle Machbarkeit und das optimale Vorgehen sind in einer Vorstudie von der Unternehmensberatung Deutsche Consulting-Partner (DCP) aus Düsseldorf untersucht worden. Projektleiter Markus Pins von DCP fasst die Ergebnisse der Vorstudie und die wesentlichen Anforderungen an die technische Plattform zusammen:“Die Marktanalyse ergab, dass kein marktgängiges Produkt die Anforderungen der Frankfurter Bankgesellschaft umfassend erfüllte. Alles sprach für die Entwicklung einer neuen Lösung. Diese sollte die neu zu definierenden Standardprozesse in der Vermögensverwaltung abdecken, Standardschnittstellen zu den involvierten Häusern nutzen und mandantenfähig ausgelegt sein. Darüber hinaus musste sie konfigurierbar sein, sodass Sparkassen ihre individuellen Vermögensverwaltungsstrategien und unterschiedlichen Außenauftritte umsetzen können. Aus wirtschaftlicher Sicht erschien es sinnvoll, dass inasys eine Standardsoftware entwickelt und die Frankfurter Bankgesellschaft dafür Lizenzen erwirbt. So liegt die Verantwortung für die technische, funktionale und regulatorische Weiterentwicklung beim Hersteller.“
Die Ergebnisse der Vorstudie haben die Frankfurter Bankgesellschaft motiviert, mit diesem Projekt fortzufahren, die neue Plattform zu realisieren und damit zu investieren. Zwar ist intern zunächst noch abgewogen worden, ob die Entwicklung einer Standardsoftware wirklich wünschenswert ist. Letztendlich hat jedoch der zu erwartende Nutzen überzeugt, das Projekt, wie von DCP empfohlen, anzugehen. Das Beratungshaus erhielt den Zuschlag für die Leitung des Realisierungsprojekts. Darin sind die Prozesse festgelegt und seitens Inasys in enger Kooperation mit der Frankfurter Bankgesellschaft die Fach- und DV-Konzepte für die Software „Globalinstitut“ erstellt worden, wie die Standardlösung aus dem Hause inasys heißt.
Ein wichtiger Bestandteil dieser Konzepte war, dass die Sparkassen in der Zusammenarbeit mit der Frankfurter Bankgesellschaft die Bestände einschließlich der juristischen Verbünde führen. Dafür waren Anpassungen unter anderem bei der FI erforderlich, die für die vorhandene Inasys-Lösung die neue Datenübermittlungsfunktion „Mehrfachbelieferung“ einrichten musste, um das System mandantenfähig zu machen. Die vertrauensvolle und enge Zusammenarbeit zwischen Inasys und ihrer Muttergesellschaft FI hat wesentlich zu einer schnellen Umsetzung beigetragen.
Parallel dazu ist die weitere technisch prozessuale Umsetzung der neuen Lösung vorangetrieben worden. Dazu ist die Berechtigungssteuerung bei der DWP-Bank für die Frankfurter Bankgesellschaft angepasst und für Sparkassen eingebettet worden. Zudem hat man bei der Helaba den entsprechenden Handelsprozess als sogenannte Kommissionskette aufgebaut und gleichzeitig auch auf die Mifid-II-/MiFIR-Anforderungen hin abgestimmt.
Praktische Erfahrungen bei Pilotsparkasse berücksichtigt
Die von Inasys entwickelte und betriebene Software wurde ausgiebig getestet worden, bevor die Kreissparkasse Waiblingen als Pilotinstitut mit den Vorbereitungen für das Going-live gestartet hat. Während des ebenfalls von DCP geleiteten Pilotprojekts sind die praktischen Erfahrungen der Kreissparkasse aus der Vermögensverwaltung kontinuierlich in die Weiterentwicklung der neuen Plattform eingeflossen. Funktionsumfang und Nutzen der neuen Lösung, die nach erfolgreichem Pilotabschluss seit Oktober 2017 allen Sparkassen in Deutschland zur Verfügung steht, hat sich dadurch kontinuierlich erhöht.
Inasys-Projektleiter Henryk Blawat resümiert das Software-Entwicklungsprojekt wie folgt: „Die neue Lösung trifft die Bedürfnisse mittelgroßer Sparkassen, die sich den Zugang zu dem attraktiven Segment der Vermögensverwaltung erschließen möchten. Gerade im Pilotprojekt kamen noch wichtige Anforderungen und Anregungen aus der Praxis auf, die wir in ‚Time‘ und in ‚Budget‘ umsetzen konnten. Der Funktionsumfang ist dadurch über das ursprünglich geplante Maß hinaus gewachsen, was letztendlich allen Instituten zugutekommt.“ Das attraktive Angebot hat vier weitere Sparkassen überzeugt, unmittelbar nach Abschluss der Pilotphase die neue Plattform „Vermögensverwaltung für Sparkassen“ von der Frankfurter Bankgesellschaft einzusetzen.
Diese Institute sind über einem Zeitraum von vier bis sechs Monaten auf Basis eines von DCP entwickelten standardisierten Vorgehens auf den Einsatz der neuen Plattform vorbereitet worden. Auftakt ist dabei stets ein Kick-off- Workshop mit der Frankfurter Bankgesellschaft, in den das Management und die betroffenen Mitarbeiter eingebunden werden. Dabei werden auch die Rahmenbedingungen für die individuelle Vermögensverwaltungsstrategie erarbeitet. Nachdem diese vom Institut in der Regel auf Vorstandsebene verabschiedet ist, legt inasys das Institut in der Plattform an und konfiguriert die Lösung nach den individuellen Institutsvorgaben.
Weder die Sparkasse noch die Frankfurter Bankgesellschaft müssen dazu neue Software installieren oder gar Infrastruktur aufbauen. Die skalierbare, tief in die OSPlus-Strukturen integrierte Lösung wird von inasys bei der FI in einem gesicherten Serverumfeld betrieben und den Sparkassen sowie der Frankfurter Bankgesellschaft zur Verfügung gestellt. Alle Kundendaten bleiben damit im geschützten Umfeld der FI.
Fazit
Mittlerweile sind verschiedene Sparkassen auf der Plattform Vermögensverwaltung der Frankfurter Bankgesellschaft produktiv oder befinden sich in Umsetzungsprojekten. Von weiteren Instituten gibt es darüber hinaus Umsetzungszusagen. Das große Interesse und die hohe Zahl von Sparkassen, die sich für die Zusammenarbeit auf Basis der neuen Plattform entschieden haben, belegt, dass die Annahmen aus der Vorstudie sich in vollem Umfang bestätigen. Die Lösung zahlt sich damit nicht nur für die Sparkassen aus, sondern auch für die Frankfurter Bankgesellschaft, die ihr Produkt- und Dienstleistungsportfolio für Sparkassen im Verbund um ein weiteres attraktives Angebot ergänzt.
Autor
René Schubert ist Generalbevollmächtigter und Leiter Portfoliomanagement der Frankfurter Bankgesellschaft (Deutschland) AG in Frankfurt/M.1
1 Die Frankfurter Bankgesellschaft ist die Privatbank der Sparkassen-Finanzgruppe. Sie hat ihren Hauptsitz in Zürich, eine Tochterbank in Frankfurt sowie das einzige Multi Family Office für alle Sparkassen, die Frankfurter Bankgesellschaft Family Office AG. Die Gruppe verwaltet mehr als 11 Milliarden Euro und ist damit nach eigenen Angaben die zweitgrößte Privatbank mit deutschem Eigentümer in der Schweiz und zählt in Deutschland zu den zehn größten Privatbanken.